Aerosole übertragen das Virus

Sie sagen “über eine längere Zeit”. Von welchen Zeiträumen sprechen wir da, auch im Hinblick auf die Mutanten?

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Bisher gingen wir davon aus, dass man ungefähr 5 bis 15 Minuten braucht, um sich im Freien zu infizieren, wenn man sich gegenübersteht. Diese Zeit könnte sich natürlich verkürzen, wenn die Mutanten wirklich so viel ansteckender sind, wie man im Augenblick berichtet. Dann sind es nicht mehr 5 bis 15, sondern 3 bis 10 Minuten. Das ist die Zeitspanne, mit der man rechnen könnte.

Das heißt, im Außenraum sind wir relativ sicher. Kommen wir in die Innenräume. Kann man sagen, wie viel Virus-Material angesammelt sein muss, damit sich jemand anderes infiziert?

Man weiß das noch nicht genau. Man geht im Augenblick davon aus, dass man zwischen 400 und 3000 Viren einatmen muss, damit eine Infektion starten kann. Da kann ich ein Beispiel geben: Es gab einen Bericht, auch aus China, da wurde vor dem Mund von infizierten Personen gemessen und da hat einer 400.000 Viren pro Minute ausgeatmet. Das war aber eine Einzelbeobachtung. Dort wurde auch festgestellt, dass 75 Prozent der Infizierten überhaupt keine Viren ausatmen. Das deckt sich ja mit den epidemiologischen Befunden, dass 75 Prozent der Leute niemanden anstecken. Aber wenn Sie so einem 400.000-Viren-Emitter begegnen, dann ist das natürlich gefährlich. Dann haben Sie als Infizierter einen Raum relativ schnell verseucht und wenn dann jemand in den Raum kommt, reicht wahrscheinlich eine Minute aus, um sich zu infizieren.

Das heißt, da muss gar kein direkter Kontakt stattfinden? Die infizierte Person kann schon raus sein und die andere Person kommt rein?

Genau. Wenn ich im Büro sitze und vier Stunden arbeite, dann habe ich ungefähr 100 Millionen Viren in den Raum gepustet. Wenn ich dann nach Hause gehe und zwei Stunden später kommt jemand in mein Büro und atmet nur zehn Atemzüge ein, dann ist er schon infiziert. Man muss also keinen direkten Kontakt haben. Das ist zwar nicht die Regel, aber solche Infektionen finden statt. Der Aufzug ist ein Beispiel, über das berichtet wurde, da haben sich Leute in einem Aufzug angesteckt, weil vorher ein Infizierter im Aufzug gefahren war.

Lüften und Raumfilter können im Innenraum also auf jeden Fall helfen. Sie haben auch nachgewiesen, dass die Raumhöhe bei der Übertragung eine Rolle spielt.

Ja, es geht eigentlich um das Raumvolumen. Und je höher ein Raum ist, umso mehr Volumen hat er. Und in der Regel steigen ausgeatmete Aerosol-Partikel nach oben, weil die warme Luft, die man ausatmet, meistens wärmer ist als die Umgebungsluft – wenn Sie nicht gerade das Zimmer auf 37 Grad geheizt haben. Und dann ist es natürlich günstig, wenn der Raum sehr hoch ist, dann kommt die kontaminierte Luft nicht mehr so schnell mit Personen in Berührung. Wobei sich natürlich die Aerosole sehr schnell im Raum verteilen.

https://www.n-tv.de/wissen/Beim-Spazieren-passiert-garantiert-nichts-article22485412.html